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EFA

Die European League of Football steht am Abgrund

Patrick Esume wusste, was kommt. Zumindest musste er es geahnt haben. Wenn ein Commissioner – nennen wir ihn den „Sportchef“ der ELF – mit Verweis auf „unüberbrückbare Differenzen“ seinen Rückzug erklärt, dann ist das selten der Auftakt zu einer stabilen Zukunft. Und tatsächlich: Kaum war Esume raus, verkündete auch Geschäftsführer Zeljko Karajica seinen Abgang. Es wirkte, als hätte die Liga innerhalb weniger Tage Quarterback und Head Coach verloren – und der neue Offensive Coordinator muss plötzlich alles richten.

Photo: Shutterstock

Patrick Esume wusste, was kommt. Zumindest musste er es geahnt haben. Wenn ein Commissioner – nennen wir ihn den „Sportchef“ der ELF – mit Verweis auf „unüberbrückbare Differenzen“ seinen Rückzug erklärt, dann ist das selten der Auftakt zu einer stabilen Zukunft. Und tatsächlich: Kaum war Esume raus, verkündete auch Geschäftsführer Zeljko Karajica seinen Abgang. Es wirkte, als hätte die Liga innerhalb weniger Tage Quarterback und Head Coach verloren – und der neue Offensive Coordinator muss plötzlich alles richten.

Der neue Mann: Ingo Schiller. Ex-Hertha-Manager, gelernter Mediator. Sein Plan? Erstmal zuhören, dann Teams besuchen, schließlich Vertrauen aufbauen. Das klingt nach vernünftiger Corporate-Kommunikation, nach dem „wir müssen die Basics richtig machen“-Mantra, das NFL-Coaches gerne nach einer 40-Punkte-Niederlage benutzen. Das Problem: Der erste Eindruck war alles andere als erbaulich.

Die ELF hat ein Geldproblem – und alle wissen es

Dass Franchises und Liga regelmäßig über Finanzen stritten, ist kein Geheimnis. Eric Reutemann von Frankfurt Galaxy sagte es offen: Die Liga komme ihren Verpflichtungen nicht nach. Karajica widersprach zwar öffentlich, aber in Wahrheit ging es immer wieder um denselben Streitpunkt: Wer zahlt, und wann?

Jetzt, in der heißen Saisonphase, verdichten sich die Probleme. Für die Playoffs soll die Liga die Reisekosten übernehmen – so zumindest eine schriftliche Zusage Karajicas aus dem Dezember 2024. Die Teams warten noch. Sollte das Geld nicht fließen, droht ein Szenario, das man sonst nur aus lockeren Verhandlungen in der NFL kennt: Franchises überlegen laut, einfach ihre Hausrechte zu nutzen – sprich, den TV-Übertragungswagen nicht aufs Gelände zu lassen. Wenn eine Liga kurz vor ihren Playoffs plötzlich so etwas wie „TV-Blackout durch Platzverweis“ fürchten muss, dann ist das ein Zeichen: Es läuft nicht gut.

Ein Finale als Drahtseilakt

Am 7. September soll das Endspiel in Stuttgart stattfinden. Klingt normal, ist es aber nicht. Denn mindestens einer der Finalisten wird EFA-Mitglied sein, also zu jenen elf Franchises gehören, die längst ihre eigene Liga vorbereiten. Für die Teams ist das ein Dilemma: Natürlich will man die Fans nicht vergraulen, indem man nicht antritt. Aber gleichzeitig will niemand mehr das ELF-Konstrukt stabilisieren, wenn man schon im eigenen Bauwagen an der neuen Liga zimmert.

Schillers Auftritt: Vom Hoffnungsbringer zum Fehlschuss

Schiller hätte das Bindeglied sein sollen. Ein Manager, der Brücken baut, Konflikte entschärft. Nur: sein erster großer Auftritt bei der EFA war so überzeugend wie ein Rookie-QB, der im ersten Drive drei Interceptions wirft. Laut Teilnehmern dauerte es keine fünf Minuten, bis er rauskomplimentiert wurde – nicht, weil er arrogant wirkte, sondern weil er auf die konkreten Fragen keine Antworten hatte. Stadionmieten bezahlt? Einnahmen verteilt? Zukunft gesichert? Schiller wirkte, als hätte er die falsche Examensfrage gelernt.

Die ELF teilte danach mit, er wolle sich noch „in die vielschichtigen Themen einarbeiten“. Übersetzt: Der neue Commissioner hat das Playbook noch nicht mal gelesen.

Das eigentliche Problem heißt Karajica

So sehr man Schiller auch kritisieren kann – der Kern des Problems bleibt Karajica. Auch wenn er seinen CEO-Posten aufgibt, hält er weiter 72 Prozent der ELF. Solange der Mann, der die meisten finanziellen Entscheidungen verantwortete, noch an Bord ist, glauben die EFA-Teams nicht an Veränderung. Für sie wirkt Schiller wie ein Platzhalter, nicht wie ein echter Gamechanger.

Und tatsächlich: Während die ELF noch versucht, ihre Saison zu retten, plant die EFA längst die Zukunft. Zwölf Teams ab 2026, inklusive Berlin Thunder mit neuem Investor. Rhein Fire-Gründer Martin Wagner sprach von „hervorragenden Gesprächen“ zur Finanzierung. Übersetzung: Wir bauen unsere eigene Liga, und diesmal ohne Karajica.

Der Exodus hat begonnen

Einige Franchises haben den ELF-Absprung schon fix gemacht. Berlin Thunder tritt 2026 nicht mehr in der ELF an. Die Fehérvár Enthroners gehen einen anderen Weg: Sie wollen ab 2026 in der Austrian Football League spielen. Währenddessen halten die Sea Devils gerade ihre letzte Party ab, als hätten sie schon verstanden, dass dieses Kapitel endet.

Und während die ELF öffentlich taumelt, trudeln hinter den Kulissen schon die nächsten News rein. Laut Insidern werden die Munich Ravens ebenfalls zur EFA wechseln. Offiziell gibt es dazu zwar noch kein Statement, aber intern gilt das als beschlossen.

Das Spannende: In München spricht gerade niemand gerne über Liga-Politik. Dort ist der Fokus – so betont man – voll auf die Playoffs gerichtet. Was durchaus Sinn macht: Wenn man schon mitten im Titelrennen steckt, will man nicht gleichzeitig über das nächste Kapitel diskutieren. Das wirkt ein bisschen wie ein NFL-Team, das in der Wildcard-Runde steht und trotzdem schon den Draft-Board pinned hat – möglich, aber nicht gerade die Priorität.

Für die Ravens heißt das: Erst Playoffs, dann Zukunft. Für die ELF wiederum heißt es: Der Exodus der Franchises ist nicht mehr hypothetisch, er ist Realität.

Die ELF ist wie ein Team, das noch versucht, seine Playoff-Chancen mathematisch am Leben zu halten, während ESPN längst die Einblendung zeigt: „Eliminated“.

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