Kultur, Kern und keine Ausreden: Wie Miami den 24-Jahre-Fluch brechen will
Manchmal ist eine NFL-Saison wie ’ne neue Serie: Die ersten zwei Folgen sind so zäh, dass du denkst „Okay, das guck ich nicht weiter“. Dann wird’s plötzlich spannend – und zack, Abspann, keine Verlängerung, Cliffhanger. So lief’s 2024 für die Miami Dolphins. 8–9. Playoffs verpasst. Zum ersten Mal unter Mike McDaniel. 24 Jahre ohne Playoff-Sieg – das ist länger als TikTok alt ist und länger als der letzte 40-Yard-Dash von Dan Marino. Und trotzdem: McDaniel steht da, als hätte er gerade einen neuen Plan entdeckt. So einer, bei dem du als Fan denkst: „Vielleicht… aber nur vielleicht… klappt’s diesmal.“
2–6 in die Saison gestartet, da kommt Tua mit der nächsten Gehirnerschütterung um die Ecke. Die Offense sah zeitweise aus wie ein Spotify-Account ohne Premium – dauernd unterbrochen. Dann, plötzlich: 6–2-Run in der zweiten Saisonhälfte. Was ist da los, dachte man sich. Das ist wie bei Mario Kart – acht Runden lang nur Bananenschalen, und dann kommt kurz vor Schluss der blaue Panzer. Nach der Saison also Abschlussgespräche. McDaniel stellt sich vor die Führungsetage und sagt sinngemäß: „Leute, was muss ich tun, damit ich nicht im Januar mit der Fernbedienung in der Hand sitze?“ Das Ziel: mindestens ein Playoff-Sieg.
Er spricht jetzt oft davon, dass er gesünder, stärker und glücklicher sei – und man merkt: Der Mann hat in drei Jahren Head-Coach-Karriere mehr über Gruppendynamik gelernt als manche in einem ganzen Leben. NFL-Headcoach ist halt nicht nur Taktiktafel, es ist auch Sozialpädagogik mit Headset. Aber in der NFL interessiert das niemanden, wenn’s nicht zu den Playoffs führt. McDaniel weiß das. In seinem Kopf muss es so geklungen haben: „Okay, nett – aber 2025 müssen wir was gewinnen, das sich auch lohnt.“
In der NFL ist ein Kader wie eine Großfamilie auf Klassenfahrt – wenn fünf Leute ständig zu spät kommen, nervt das alle. McDaniel sagte, dass fünf Spieler des Kaders für 2024 die Hälfte der internen Strafen des Teams für Ablenkungen wie Verspätungen auf sich zogen. McDaniel hat die Liste gesehen und gesagt: „Okay, wer von euch darf auch 2025 noch mitfahren?“
Aber was ist mit Tyreek Hill? Es ist mehr als fair, auf den mangelnden Einsatz des Star-Wide-Receivers am Saisonende hinzuweisen. Es gab einige Momente. Dennoch zu wenig Einsatz am Saisonende. Bleit Hill bei den Dolphins? Tua spricht’s schon im Trainingslager an. Das war sicherlich die Art von Ablenkung, die McDaniel und die Dolphins dieses Jahr vermeiden möchten, aber es gibt Grund zu der Annahme, dass sie der Vergangenheit angehört. Doch nach Drama roch dennoch. Aber laut Insidern war Hill nie ernsthaft auf der Verkaufsliste. Das ist wie bei einer Band, die kurz vorm Streit steht – der Gitarrist bleibt trotzdem, weil alle wissen: Ohne ihn klingt’s nicht gleich.
McDaniel vertraut jetzt auf die Jungs, die diesen 6–2-Run getragen haben. Nicht, weil sie 1.000 Yards gefangen oder zehn Sacks gemacht haben, sondern weil sie pünktlich kamen, gelauscht haben und sogar bei Drills mitgemacht haben, die eigentlich nicht ihre Position betreffen. Das ist in der NFL wichtiger als der 40-Yard-Dash, nur redet keiner drüber. Früher gab’s bei McDaniel für Offside & Co. sofort die Stadionrunde. Hat er abgeschafft – Verletzungsgefahr, Trainingsfluss. Und was machen die Spieler? Laufen nach dem Training freiwillig Sprints, um ihre Fehler wegzubügeln. Das ist ungefähr so, als würde ein Schüler sagen: „Ich hab in Mathe gepatzt, ich mach freiwillig noch zehn Extraaufgaben.“ NFL-Spieler machen das nicht aus Spaß – sondern weil’s ihnen wichtig ist. Fast die Hälfte eines NFL-Kaders ändert sich jährlich. Stell dir vor, du gehst jeden Sommer auf dieselbe Party, und die Hälfte der Gäste ist neu. Trotzdem soll’s dieselbe Stimmung sein. McDaniel glaubt, dass er 2025 die Mischung gefunden hat, die hält.
Seit dem 21. April läuft das Offseason-Programm. Frühlingstraining in der NFL ist wie das Vorspiel vor einer langen Beziehung: Wenn’s da nicht passt, wird die Saison zäh. Die Dolphins wirken dieses Jahr so, als hätten sie schon im Mai einen gemeinsamen Sound gefunden. Ob’s dieses Mal für einen Playoff-Sieg reicht? Keine Glaskugel. Aber McDaniel redet inzwischen so, als hätte er verstanden, dass die ersten Siege im Februar beginnen – Monate bevor der erste Snap gespielt wird.
„Das war das nachdrücklichste Engagement eines Teams füreinander, das ich je erlebt habe“, sagt er. Das klingt nicht nach PR-Text, sondern nach einem Coach, der gerade so richtig Bock auf die nächste Staffel seiner Serie hat. Für Miami heißt das: weniger Drama, mehr Disziplin, und vielleicht – nur vielleicht – im Januar noch im Playbook blättern statt im Urlaubsprospekt.
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